Unterwegs auf großem Fuß – Schneeschuhwandern im Mariazellerland

Wenn Kopf, Körper und Seele nach frischer Schneeluft, Höhenmetern und Sonnenschein lechzen ist es wieder Zeit, sich auf den Weg in die Berge zu machen! Das Gute liegt ja oft so Nah und für ein oder zwei ausgiebige Tage im Schnee zahlt sich auf jeden Fall ein Ausflug in die Niederösterreichischen Voralpen aus. Auch wenn die Schneelage im Jänner 2020 noch eher dürftig ist, beim Blick auf die Webcam der Gemeindealpe Mitterbach bei Mariazell überwog zumindest noch das Weiß und nicht das Grün ?. Also ging es eines Samstags zeitig am Morgen, das Auto randvollbepackt mit – fast allem – wie sich später noch herausstellen würde und gut versorgt mit feinen Jausenweckerln, die nicht mal die Auffahrt auf die Autobahn in Stockerau überlebten Richtung Südwesten. Nach ca. 2,5 Stunden Fahrt am Zellerrain auf ca. 1000 m Seehöhe angekommen und genau an der Grenze zwischen Niederösterreich und Steiermark gelegen, sollte unsere Tour am Parkplatz des Alpengasthofes Engleitner beginnen. Doch der Blick in den Kofferraum verriet – etwas Entscheidendes fehlte. Die Stöcke! Jössas! Nach kurzer Überlegung, die Tour ohne Stöcke zu gehen und mich schon schwankend am Grat des knackigen Aufstiegs zur Gemeindealpe zu sehen sowie dem drohend kippenden Haussegens entschieden wir uns doch für die Variante „Ausborgen“ beim Schiverleih Mitterbach, was uns dann in Summe nur 30 Minuten gekostet hat. Dabei ist ja das Feine und vor allem das Unkomplizierte am Schneeschuhwandern, einparken, die Treter an die Füße schnallen und los geht’s, diesmal halt etwas zeitverzögert.

Während wir uns die Pinguinflossen an die Füße hefteten, sah ich schon die ersten Aufsteigenden nach ein paar Metern wieder abschnallen. Huch – doch zu wenig Schnee? Es stellte sich jedoch heraus, dass die Sonne wohl ein paar Lücken in die Schneedecke gebrannt hatte, diese sich jedoch nach ein paar Metern wieder schloss – also kein Grund zur Sorge! Die Vor-Uns-Gehenden wollten wohl das Luxus-Material schonen. Der erste Kilometer steigt gleich knackig durch den Wald bis zu einer wunderschönen, noch steiler werdenden Wiese an, von welcher aus man schon wunderschöne Aussichten auf die niederösterreichisch-steirischen Voralpen genießen darf. Oben auf der Wiese angekommen erstmals eine kurze Verschnaufpause, bevor der Weg sich noch ein Stückchen steiler aufstellt, bevor man dann nach einer kurzen Waldquerung eine wunderschöne Lichtung erreicht, die schon einen ersten Blick auf das Ziel des heutigen Tages erlaubt, den mit einer für das Auge eher gewöhnungsbedürftigen Senderanlage verschönte Gipfel der Gemeindealpe. Erste gierige Züge aus der Trinkflasche und das Ablegen von wärmeren Schichten zeugten von einem doch beträchtlichen Pulsanstieg. Vom Platz der kurzen Pause aus überblickte man auch schon den weiteren gesamten Wegverlauf über Wiesen, durch den Wald und schließlich am Grat entlang auf den Gipfel, immer begleitet von malerischen Ausblicken auf den Ötscher und die ganze imposante Berglandschaft der Umgebung. Die Anstrengung und der wunderschöne Sonnenschein bei Windstille trieb uns trotz einigen Minusgraden die Schweißperlen in Sturzbächen von der Stirn und die Muskeln jubilierten, auch mal endlich wieder in Aktion treten zu dürfen. Nach ca. 3,5 km und einigen Höhenmetern erreicht man einen wunderschönen Pausenplatz bei der unbewirtschafteten Halter-Hütte, wo wir uns stärkende Bananen und kühle Getränke in den Kreislauf beförderten, schließlich wartete noch die Königsetappe der heutigen Schneeschuhtour – der Grat und der sehr steile Schlussansteig auf den Gipfel der Gemeindealpe.

Beflügelt von sauerstoffreicher Bergluft, traumhaftem Sonnenschein und am meisten von dem Wissen, dass alle Daheimgebliebenen in der ostösterreichischen mieselgrauen Nebelsuppe darbten schritten wir zuerst leichten und dann immer schwerer werdenden Schrittes den wunderschönen Weg entlang zum Gipfel. Das mit jedem gewonnenen Höhenmeter immer umfangreicher werdende Bergpanorama entschädigte für alle Anstrengung. Richtung Gipfel wurde die Schneeauflage am sonnenverwöhnten Südwesthang zwar immer dünner, aber für unsere großen Sohlen fanden wir immer noch genug Schneeflecken. Die letzten Meter nach oben waren wirklich kräfteraubend, aber nun war es geschafft und unter uns breiteten sich im Norden ganz Niederösterreich, davon ca. 2/3 verschluckt im Nebelmeer und im Süden traumhafte, sonnenbeschienene steirische Berggipfel aus und unter uns der gefrorene und schneebedeckte Erlaufsee. Da lacht das Herz bei diesen Ausblicken! Noch mehr als dieser wunderschöne Anblick beflügelte uns aber die Aussicht auf ein kühles Getränk und ein ordentliche Jause beim urigen Balzplatzerl, einer wunderschönen Hütte bei der Mittelstation des Sessellifts Mitterbach gelegen. Schlau umgingen wir den sehr steilen Abstieg zur Jausenhütte, indem wir uns frech, natürlich nicht ohne vorher nett zu fragen und die Schneeschuhe abzuschnallen, in die Talfahrt des Sesselliftes schummelten. Von weitem drang schon laute Musik zu uns heraus, ja war denn das urige und gemütliche Balzplatzl gar zu einer dröhnenden Après-Hüttenhölle verkommen??? Und was machten die vielen Leute da? Bumvoll de Hittn!!! Die Antwort ergab sich umgehend, als dass ein klobiger Ö3Pistenbully direkt vor die Hütte geparkt wurde und die Terrasse unter laute Partybeschallung versetzte. Ganz so hatte ich mir unsere wohlverdiente, idyllische Einkehr zwar nicht vorgestellt aber zumindest konnten wir einen schönen Platz an der Sonne ergattern und die guten Speisen ließen auch dann nicht so lange auf sich warten. Ein großer Schluck vom kühlen Blonden und eine kräftige Gulaschsuppe und die Welt sah schon wieder anders aus! Das Germknödel mit Vanillesauce als Drüberstreurer war dann fast schon wieder etwas übertrieben und die verbrannten Kalorien schon wieder mehr als ausgeglichen, aber was sein muss muss sein und außerdem stand uns ja noch dieselbe Strecke wieder als Rückweg bevor, jedoch schon in dem Wissen, dass es dann überwiegend bergab ging. Kein Fehler bei vollem Ranzen, und eine wärmende Speckschicht hat in den winterlichen Bergen ja noch nie geschadet! ?

Auch wenn der Sonnenschein und die Aussicht beim gemütlichen Einkehrschwung noch so schön waren, das Zuckerhoch wollte noch für den Rückweg genützt werden und die laute Partymucke begann auch schön langsam zu nerven. Mit einem übermütigen Satz über die Zutrittssperre zur Sessellift-Bergfahrt zogen wir uns zwar die strengen Blicke des Liftwartes zu, ein paar klärende Worte später saßen wir aber schon wieder bequem im Sesselchen Richtung Berg und oben angekommen hieß es wieder Anschnallen! Das wunderschöne an diesem Rückweg ist, der schon tiefstehenden Nachmittagssonne entgegenzugehen und Bergwelt in den noch von der Sonne erzeugten leuchtenden Farben zu genießen, während sich schön langsam die Schatten über die Täler legten. Ein für mich unbeschreiblich magischer Anblick. Bergab liefen die Schneeschuhe fast alleine mit uns und die einzigen Pausen brauchten wir diesmal nur für Fotostopps in dieser malerischen Szenerie. Die Schatten wurden länger, die Farben intensiver, die Beine müder, die Trinkvorräte und die Mägen leerer und die Herzen an lebensfrohen Momenten voller!

Ca. 11,5 km und 600 Höhenmeter bergauf und bergab später erreichten wir wieder den Parkplatz am Zellerrain, wo wir uns glücklich und erschöpft die zwischenzeitlich so lieb gewonnenen Schneeschuhe wieder abschnallten. Das fühlt sich dann an wie gehen auf Wolken. Diesmal hatten wir den Luxus, eine Unterkunft gebucht zu haben, sodass uns das doch immer recht anstrengende Heimfahren direkt nach der sportlichen Aktivität erspart blieb. Nur ca. 10 km entfernt nächtigten wir im Mariazellerhof der bekannten Lebkuchenmanufaktur Pirker, wo wir ein wunderschönes und wirklich preiswertes Zimmer bezogen. Und dann das nächste Highlight! Gibt’s viel schöneres, als nach einem Tag an der frischen Luft mit körperlicher Betätigung, einer heißen Dusche und der rekordverdächtig raschen Vernichtung der liebevoll am Kopfpolster drapierten Kostprobe des guten Lebkuchens ein kleines Nickerchen zu machen??? ?.

Ein leichtes Ziehen in der Magengrube weckte uns dann eine Stunde später wieder aus dem Schlaf – Hunger!!!!!!! Vorsorglich, da wir ja schon Erfahrung darin haben WIE groß der Hunger nach einem Tag in den Bergen ist hatten wir schon einen Tisch beim idyllischen Restaurant Lurgbauer in St. Sebastian, 4 km von Mariazell entfernt reserviert. Alleine die malerische Anfahrt durch den tiefverschneiten Wald und das wunderbar nächtliche Glitzern des Schnees sind schon ein Abstecher beim Lurgbauer wert, aber natürlich noch viel mehr der herrliche Schmaus mit Schwerpunkt Rindfleisch aus eigener Zucht. Wir entschieden uns für das Vier-Gänge-Menü und wurden mit feinsten Gerichten verwöhnt. Von der g’schmackigen Rindssuppe mit Tirolerknödeln über hauchzartes, mit Parmesan und Trüffel verwöhntem Carpaccio bis zum zarten Steak und butterweichem Rinderschmorbraten und als Drüberstreuer ein Maroni-Tiramisu war alles dabei, was das Herz begehrte. Selbstgebackenes Brot, toller Wein, eine vielfältigere Schnapsauswahl und das stilvolle und doch gemütliche Ambiente rundeten den kulinarischen Abend perfekt ab. Kurz darauf wurden die schweren Bäuche dann schon in das Bett gehievt und wir schliefen tief und fest dem nächsten Morgen entgegen.

Obwohl wir offensichtlich die einzigen Gäste im Mariazellerhof waren, haben die fleißigen Bienen des selbigen ein ganzes umfangreiches Frühstücksbuffet mit frischen Backwaren aus der hauseigenen Konditorei aufgebaut und wir wurden auch noch mit einer reichhaltigen Frühstückskarte überrascht, wo man noch allerlei Frühstücksherrlichkeiten a la Carte bestellen konnte. Mit so einem tollen Service hatten wir nicht gerechnet und so dehnten wir das Sonntagsfrühstück gleich auf 2 Stunden aus, ließen uns Omeletts und Eier im Glas schmecken und glichen unseren Flüssigkeitshaushalt mit jeder Menge Kaffee, Grünen Tee und frisch gepresstem Orangensaft wieder aus. Die mittlerweile an diesem Wochenende zu uns genommenen Kalorien hätten dann schon für den Fußmarsch heim bis ins Weinviertel gereicht! Und jetzt schon Heimfahren? – Fehlanzeige! ?

Der Blick auf die Wetter-App verriet uns, dass daheim noch immer die unsympathische Nebelglocke den ganzen Osten Niederösterreichs unter sich bedeckt hielt und unserem Buschberg-Hausberg leider ein paar Meter fehlen, um sein Köpfchen aus dem Nebel zu stecken und so entschieden wir uns leichten Herzens, das traumhaft herrliche sonnige und warme Winterwetter noch für einen gemütlichen Spaziergang durch Mariazell und bis zum Erlaufsee und retour zu nützen. Wir genossen die Ruhe im sonst oft so gut besuchten Mariazell, besichtigten noch die imposante Basilika und marschierten einen schönen Spazierweg entlang bis zum Erlaufsee, wo wir uns noch auf einem idyllisch gelegenen Bankerl am See die Sonne ins Gesicht schienen ließen. Was für eine Freude und Wohltat. Ja, in den Bergen ist man der Sonne halt doch ein bisschen näher!

Frische Luft machte schon wieder hungrig und nach einer kleinen Stärkung in Pirkers Restaurant in Mariazell war es leider wieder an der Zeit, die Heimreise anzutreten. Wir genossen noch eine schöne Fahrt in der Sonne, bis uns dann jedoch kurz darauf schon die Nebelsuppe wie eine dunkle Wand verschluckte. Im Gepäck hatten wir jedoch viele traumhafte Momente, sodass der Abschied von der Sonne nicht ganz so schwerfiel.

Schneeschuhwandern. Klingt nicht spannend, aber gerade deswegen liebe ich es! Man muss nichts können, Genuss und sanfte Bewegung ist die Devise. Einfach anzuschnallen und ins Gepäck zu packen, unkompliziert und kostengünstig in der Anschaffung und Anwendung und bringt einem in wenigen Schritten mitten in die Ruhe und Abgeschiedenheit der Winternatur.

In der kalten Jahreszeit ist es für mich eine der schönsten Möglichkeiten, die sonnenleeren Akkus wieder etwas aufzuladen und wieder etwas Schwung in den winterträgen Körper und Geist zu bringen. Der Erholungswert eines Wochenendtrips mit der Flucht aus der Nebelsuppe in die Sonne und Bergwelt ist nicht zu unterschätzen. Leider war der Osten Österreichs in den letzen beiden Jahren so schneearm, dass Schneeschuhwandern vor der Haustüre nicht möglich war. Also wirds auch in Zukunft öfter mal heißen – ab in die Berge!